Das Aggressionsverhalten des Hundes

Aggression ist die gegnerische Auseinandersetzung mit Artgenossen (innerartliche Aggression) oder mit Vertretern einer anderen Art (zwischenartliche Aggression).

 

Dabei ist das Aggressionsverhalten stark ritualisiert, es ist von sehr eindeutigem Ausdrucksverhalten und es sieht meist gefährlicher aus, als es ist.

 

Aggressivität ist die Bereitschaft zur gegnerischen Auseinandersetzung. Sie wird beeinflusst von:

 

  • der genetischen Disposition / Zuchtlinie bestimmter Rassen

  • Umwelteinflüssen (besonders in der frühen Ontogenese, also beim Welpen)

  • sozialem Umfeld

  • der Bindung an Artgenossen / Menschen / andere Tiere; d.h.: Was mir vertraut ist, dem begegne ich friedlich und freundlich.

  • der Einhaltung von Distanzen

  • endogenen Faktoren, wie Läufigkeit, Trächtigkeit, dem Mitführen von Jungtieren, Tagesrhythmik (z.B. Herdenschutzhunde, die v.a. im Dunkeln die Herde vor dem Angriff von Raubtieren schützen mussten)

  • Geschlecht; Hündinnen haben zwar eine relativ lange Anlaufphase, aber wenn es zu Auseinandersetzungen kommt, sind diese sehr heftig. Im Gegensatz kracht es bei Rüden sehr rasch, meist aber nur kurz!

  • Erfahrung / Alter – oftmals sind Schmerzen die Ursache

  • sozialem Status – z.B. Angst

  • der Erziehung - z.B. Leinenaggression ist IMMER die Schuld des Hundeführers, da dieser seinem Hund Negativverknüpfungen vermittelt hat. ODER: Ein Hundeführer, der Angst ausstrahlt, drängt seinen Hund quasi in ein Verteidigungsverhalten.

  • Störungen – Krankheit (das Fehlen von Sinnen, also Blindheit, Taubheit, … kann dazu führen, dass Hund leichter erschrecken), Ermüdung, zu viel Stress

 

 

 

Ziele des Aggressionsverhaltens

 

  • Aggression zur Erhaltung des eigenen Lebens dient der Selbstverteidigung und der Erhaltung der Unversehrtheit.

  • Aggression zur Herstellung von Rangunterschieden tritt bei Nahrungsknappheit auf.

  • Aggression zur Herstellung einer bestimmten Distanz:

  • Territoriumsdistanzen – teilweise genetisch fixiert, z.B. im Hovawart und in Herdenschutzhunden; diese Distanzen bleiben relativ konstant (aufgestellte Ohren, aufgestellte Rute, Vorwärtstrend)

  • Beutedistanz – diese Distanz bleibt relativ konstant

  • Familiendistanz – Distanz zu anderen Hunden und Menschen im Haushalt; diese Distanz bleibt relativ konstant

 

INDIVIDUALDISTANZ – diese Distanz wird permanent neu bestimmt und ist abhängig von der Art der Begegnung:

  • Ist das Gegenüber bekannt oder fremd?

  • Welche Erfahrung hat der Hund mit dem Gegenüber?

  • Bestehen von vorne herein Sympathien / Antipathien?

  • Wie ist die momentane Stimmungslage?

  • Wie verhält sich das Gegenüber?

  • Hat der Hund Schmerzen oder körperliche Beeinträchtigungen?

  • Wie ist die individuelle Veranlagung?

  • Welche erwünschten, aber auch unerwünschten / unbedachten Einwirkungen des Besitzers gibt oder gab es?

 

 

 

Motivationen für Aggressionsverhalten

  • Allgemeine Verteidigung gegen Schmerz, Schreck, Feinde,

    • steigert sich, wenn Junge geführt werden

    • angstbedingtes Verhalten verstärkt sich durch Strafe und durch Bestätigung (Ohren angelegt, Augen weit offen, Rute unten oder geklemmt)

    • werden Menschen gebissen, fällt dies oft in diese Kategorie

    • Ein Hund muss sich nicht alles gefallen lassen. Jedes Lebewesen hat das Recht, sich bei Bedrohung oder Angriff zu wehren – auch gegen Menschen!

  • Angriffsbereitschaft gegen Beutetiere – ist stark gekoppelt an das Appetenzverhalten, d.h. je hungriger ein Tier ist, desto größer ist seine Angriffsbereitschaft.

  • Aggression gegen Geschlechtsrivalen, v.a. während der Läufigkeit der Hündin.

  • Gegenangriff, wenn eine bestimmte Distanz unterschritten wird und der Fluchtweg abgeschnitten ist.

  • Aggression zur Territoriumsverteidigung – dabei werden Lebensgrundlagen, wie die Aufzuchtstätte für die Jungen, Wasser und Nahrungsressourcen gesichert.

  • Aggression durch Stimmungsübertragung – sollten 2 Hunde aus einer Gruppe zu raufen beginnen, müssen schnellstmöglich die anderen Hunde aus diesem Bereich entfernt werden, sonst hat man gleich die schönst Gruppenrauferei!

 

Das Ausdrucksverhalten

 

Bei der offensiv-aggressiven Reaktion werden die Zähne gebleckt, Augen und Ohren sind nach vorne gerichtet und die Pupillen sind starr. Das heißt: STOPP und keinen Schritt weiter.

 

Defensiv-aggressive Reaktion wird gezeigt, wenn der Hund Ruhe haben will oder einen Fluchtweg sucht.

 

Beide Formen sind bis zum Ernstkampf hin stark ritualisiert.

 

     Solange das Aggressionsverhalten noch ritualisiert ist, handelt es sich um gehemmtes Aggressionsverhalten.

 

Der Angriff zum Ernstkampf – d.h. Ziel dieses Kampfes sind Verletzung oder Tötung – ist freies Aggressionsverhalten.

 

 

 

Aggressionsverhalten im Denkmodell

 

 

 

offensives Aggressionsverhalten

 

defensives Aggressionsverhalten

 

 

 

Demonstrieren

 

ritualisiertes Aggressionsverhalten

aktive / passive Demut

Imponieren

Unterwerfung

Drohen

Defensivdrohen

 

 

 

 

Angriff

Kommentkampf ritualisiertes Angriffsverhalten

 

Verteidigung

 

 

 

Kampf

Ernstkampf mit Beschädigungsabsicht Bisse in Kehle, Bauchdecke, Vorderläufe

Kampf

Gewinn

Flucht

 

 

 

 

 

Durch den Menschen hervorgerufene oder gesteigerte Aggressivität

  • Zuchtziele

  • Fehlverknüpfungen / unbewusste Bestätigung

  • mangelnde Sozialisierung auf Menschen, Artgenossen, andere Tiere und Umwelteinflüsse

  • Trainingsmethoden, wie Schutzdienst, Wachhunde, Hundekämpfe, Futterabgabe

  • mangelndes Fachwissen über:

    • Ausdrucksverhalten

    • Verhalten im Allgemeinen

    • Rangordnung und Dominanz

    • Stress

    • Reizüberflutung

    • Überforderung

    • Beschwichtigungssignale

 

Jedes Mal, wenn ein Hund ein Problemverhalten zeigt, verstärkt, verfestigt und perfektioniert es sich. Daher kann die Lösung des Problems NICHT sein, dass man den Hund in das unerwünschte Verhalten drängt, um es dann zu bestrafen!!!

 

Tatsächlich muss man an den Ursachen arbeiten, anstatt nur die Symptome zu bekämpfen!!!

 

 

Was tun gegen Stress?

  • Stressreduktion, aber richtig; d.h. man darf den Stresslevel nicht von 100 auf 0 senken, da die ausgeschiedenen Endorphine wie eine Droge wirken und ihr Ausbleiben zu Entzugserscheinungen und Depressionen führt (vgl. Leistungssportler). Man versucht zunächst den Stresslevel zu halbieren und nach 1 Monat um weitere 20% zu senken. Sollte es nötig sein, kann man den Stresslevel danach langsam noch weiter absenken.

  • Schulung des Hundeführers.

  • Einsatz der Beschwichtigungssignale.

  • Elternschaft“ bzw. Partnerschaft statt Dominanz.

  • Verantwortung übernehmen / Vertrauen schaffen.

  • Souveräne Führung, aber auch mal auf Vorschläge des Hundes eingehen.

  • Vermeidungsstrategien – also den Stressauslöser meiden.

  • Managementmaßnahmen

  • ev. Futterumstellung

 

 Quelle: Seminar Clarissa v. Reinhardt

 

Für nähere Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung:

 

Tierverhaltensberatung Karin Langer Tel. 0664/543 30 49

 

karin-langer@aon.at www.tierverhaltensberatung-langer.at

 

 

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